Shortcut 6: Das Honorarmodell als Ertragshebel

Nur wenige Berater trauen sich, die Abrechnungsform „Zeit gegen Geld“ zu verlassen. Ein Wechsel zu einem anderen Honorarmodell kostet viel Überwindung, kann sich aber auch sehr lohnen.

Er ist uns Beratern sehr vertraut, dieser Modus „Zeit gegen Geld“. Da haben wir drei Tage gearbeitet, rechnen für einen Tag 1.400 Euro und erhalten ein Honorar von 4.200 Euro. Wenn der Kunde einen Tag mehr braucht, kommen noch einmal 1.400 Euro dazu. Das Verfahren ist einfach, nachvollziehbar und bequem. Es gibt wenig Erklärungsbedarf. So kommt es, dass die weitaus meisten Berater nach dem Prinzip „Zeit gegen Geld“ abrechnen. Dabei könnte ein Umstieg auf eine andere Abrechnungsform sehr attraktiv sein. Für ein Beratungsunternehmen stellt das Honorarmodell den wohl größten Ertrags- hebel dar – und für einen Einzelkämpfer dürfte es der einzige Hebel sein, ein Jahreshonorar jenseits der Halb-Millionen- Grenze zu erzielen.

Drei mögliche Honorarmodelle

Honorare lassen sich in drei verschiedene Kategorien einteilen, die man auch als Stufen verstehen kann: Zeit gegen Geld, Pauschalhonorar und Werthonorar. Ausgehend von der untersten Stufe „Zeit gegen Geld“ kann es ein sinnvoller Zwischenschritt sein, zunächst auf ein Pauschalmodell umzusteigen und damit Erfahrungen zu sammeln – und erst dann den Sprung zum Werthonorar zu machen.

Modell 1: Zeit gegen Geld

Das Modell „Zeit gegen Geld“ ist eingeführt, einfach zu handhaben und beim Kunden etabliert. Das sind unbestreitbare Vorteile. Doch sind mit dieser kaum hinterfragten Abrechnungsform auch Nachteile verbunden:

  • Die Bezahlung ist fast immer unfair. Die Honorarhöhe orientiert sich nicht am Nutzen oder am Wert für den Kunden, sondern am Aufwand – also an den Stun- den oder Tagen, die der Berater für seine Kunden arbeitet. Das ist für den Berater unfair, wenn das Ergebnis mehr wert ist, als der kalkulierte Aufwand – und für den Kunden, wenn es weniger wert ist.
  • Die Konzentration auf den Aufwand lenkt den Fokus in eine falsche Richtung. Anstatt den Schulterschluss zu suchen und gemeinsam nach dem bestmöglichen Ergebnis zu streben, beeinträchtigen gegensätzliche Interessen den Beratungsprozess: Der Berater möchte möglichst viele Stunden verkaufen, der Kunde den Aufwand möglichst gering halten.
  • Der Berater gerät in eine Linearitätsfalle. Um mehr Ertrag zu erhalten, muss der Berater den Umsatz erhöhen, wobei der Ertrag immer nur proportional zum Umsatz steigt. Die Folge: Entweder sein Hamsterrad dreht sich immer schneller – oder er muss zusätzliche Mitarbeiter einstellen, wodurch seine Risiken steigen.
  • Der Tagessatz führt in die Vergleichbarkeitsfalle. Der Kunde kann das Ange- bot problemlos mit anderen Angeboten vergleichen. Das gibt ihm die Möglichkeit, den Preis zu drücken oder sich gleich für das günstigste Angebot zu entscheiden.

Mit einer Pauschal- oder Werthonorierung lassen sich diese Nachteile vermeiden und es eröffnen sich neue Ertragschancen.

Modell 2: Pauschalhonorar

Mit Pauschalhonoraren wird in der Beraterbranche durchaus immer wieder gearbeitet. Vor allem wenn der Kunde Sicherheit durch einen festen Preis wünscht, bietet sich diese Möglichkeit an. Meistens liegt hinter dem Festpreis dann aber doch wieder eine Zeit-gegen-Geld-Kalkulation. Der Berater kalkuliert zum Beispiel zehn Tage à 1.600 Euro und bietet die Leistung zu einem festen Honorar von 15.000 Euro an.

Ein „echtes“ Pauschalhonorar ist demgegenüber von allen Zeit- und Mengenangaben entkoppelt. Dem Kunden wird für ein bestimmtes Beratungsergebnis allein das Honorar genannt, also ohne den Auf- wand in Stunden, Tagen, Anzahl der Workshops oder anderen Quantitäten anzugeben. Selbstverständlich kann der Berater intern weiterhin wie gewohnt seinen Auf- wand kalkulieren, doch er schreibt diese Kalkulation nicht mehr in sein Angebot.

Mehr Ertrag durch effizienteres Arbeiten

Wenn für ein bestimmtes Ergebnis ein festes Honorar vereinbart wird, ohne dazu den Aufwand zu nennen, hört sich das zunächst eher harmlos an. Tatsächlich sind die Folgen für die Arbeitsweise und den Beratungsprozess weitreichend: Da kein Aufwand genannt ist, steht der Aufwand auch nicht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit. Anders als beim Modell „Zeit gegen Geld“ muss der Berater sich nicht auf die Zahl der fakturierten Stunden konzentrieren, sondern kann sich überlegen, wie er den Kundennutzen auf eine möglichst effiziente Weise erreicht.

Wie die Erfahrung zeigt, ist das dadurch entstehende zusätzliche Ertragspotenzial beachtlich. Wenn alle Beteiligten sich gemeinsam darauf konzentrieren, das Ergebnis auf dem bestmöglichen Weg zu erreichen, lassen sich durchaus 20 bis 25 Prozent des Aufwands einsparen.

Der Wechsel zur pauschalen Honorierung bietet damit die Chance, den Ertrag allein schon durch effizienteres Arbeiten zu steigern, also auch ohne das Honorar selbst zu erhöhen.

Mehr Ertrag durch höheres Honorar

Neben dem Effizienzhebel bietet auch das Pauschalhonorar selbst eine Möglichkeit, den Ertrag zu steigern. Oft ist dem Kunden das Ergebnis mehr wert, als die Kalkulation Zeit-gegen-Geld ergeben würde. Ein um 10 bis 20 Prozent höheres Honorar lässt sich meist problemlos durchsetzen, sofern es gelingt, den Nutzen der Beratungsleistung für den Kunden sehr klar herauszuarbeiten.

Dieser Spielraum für eine Honorarerhöhung ergibt sich, weil ein Pauschalangebot das Augenmerk des Kunden weg vom Aufwand hin zum Ergebnis lenkt: Solange in einem Angebot Angaben wie „3 Tage à 1.200 Euro“ oder „2 Tage à 1.400 Euro“ stehen, denkt ein Kunde zwangsläufig darüber nach, inwieweit dieser Aufwand gerechtfertigt ist und sich vielleicht noch reduzieren lässt.

Im Gegensatz dazu lenkt das Pauschalangebot die Aufmerksamkeit auf das Ergebnis und die allein entscheidende Frage: „Bin ich bereit, für das Ergebnis diesen Betrag zu zahlen?“

Anstatt um Tage und Stunden zu feilschen, überlegt sich der Kunde, welche Summe ihm das versprochene Ergebnis wert ist. Erscheint ihm der Nutzen sehr hoch und vermittelt der Berater einen guten Eindruck, können erhebliche Preisspielräume entstehen.

Modell 3: Werthonorar

Das Werthonorar geht davon aus, dass ein Kunde ein bestimmtes Ergebnis erzielen will und dieses Ergebnis für ihn einen bestimmten Wert hat. Der Kunde möchte zum Beispiel eine Ertragssteigerung erzielen, einen Rückgang der Reklamationsquote, weniger Konflikte mit seinen Mitarbeitern, das erfolgreiche Gelingen eines Imageprojektes oder auch mehr persönlich verfügbare Zeit.

Die Ziele können also sehr unterschiedlich sein und sowohl geschäftliche wie auch persönliche Wünsche betreffen. So unterschiedlich die Ziele sind, so unterschiedlich ist natürlich auch ihr Wert für den Kunden.

Der Grundgedanke einer wertbasierten Vergütung liegt nun darin, dass ein Kunde seine Ziele zusammen mit dem Berater klar definiert und dann auch der Wert für diese Ziele bestimmt wird. Dieser in Euro ausgedrückte Wert leitet sich aus dem Gespräch mit dem Kunden und der Erfahrung des Beraters ab – wobei es hier sehr auf Geschick und Gesprächsführung durch den Berater ankommt.

Eine sehr faire Form der Vergütung

Die Idee, mit Werthonoraren zu arbeiten, ist weit mehr als eine bloße Honorierungs- frage. Mit ihr verbunden ist eine eigene Arbeitsphilosophie, die das Ergebnis des Kunden in den Mittelpunkt stellt:

  • Was zählt, ist allein das Ergebnis. Wenn für den Kunden der Wert des Ergebnisses hoch ist, erhält der Berater ein entsprechend hohes Honorar, wenn er niedrig ist, ein niedrigeres Honorar.
  • Das Modell spornt dazu an, ständig über die wichtigste Frage nachzudenken, die den Beratungsprozess und die langfristige Zusammenarbeit mit dem Kunden voranbringt: Wie erhöhe ich den Nutzen und damit das Ergebnis für meinen Kunden?

Das Werthonorar ist eine sehr faire Form der Vergütung. Der Kunde erhält einen bestimmten Nutzen – und bezahlt dafür so viel, wie es in Relation zu dem Nutzen auch angemessen ist. Im Gegenzug bekommt der Berater ein Honorar, das dem Wert entspricht, den er dem Kunden erbracht hat.

Hohes Ertragspotenzial

Das Modell koppelt den Ergebniswert an das Honorar. Je mehr Nutzen der Berater erbringt, desto höher steigt sein Honorar. Bietet er für seinen Kunden einen sehr hohen Nutzen, bezahlt der Kunde auch ein sehr hohes Honorar. Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Ein Berater, der nur wenig Nutzen bietet, hat mit dem Wertmodell kaum eine Chance.

Die Wertorientierung bietet die Chance, sehr hohe Vergütungen zu erhalten – und das mit einem verträglichen Maß an Arbeitseinsatztagen. Ein hohes Honorar setzt allerdings voraus, für den Kunden einen entsprechend hohen Nutzen nicht nur zu erbringen, sondern ihm auch bereits in der Anfrage- und Angebotsphase den Wert dieses Nutzens zu vermitteln.

Grenzen des Modells

Das Wertmodell ist nicht für jede Zielgruppe und jede Arbeitsweise geeignet. So kann es immer wieder vorkommen, dass ein Kunde eine standardisierte Beratungsleistung einkaufen möchte. Zum Beispiel sucht er für eine gewisse Zeit einen IT-Projektleiter, dessen Aufgabe und Expertise klar definiert sind. In diesem Fall macht es wenig Sinn, ein Werthonorar ins Spiel zu bringen.

Ebenso wird es Kunden geben, die den Schritt zum Werthonorar nicht mitgehen wollen und stattdessen lieber einen Berater beauftragen, der nach dem vertrauten Zeit- gegen-Geld-Modell abrechnet. Solche Reaktionen wird es geben – der Weg zum Werthonorar lässt sich nicht ohne Risiken gehen.

Wenn sich die negativen Reaktionen jedoch häufen, ist das ein Warnzeichen. Es deutet auf einen Fehler in der Umsetzung des Wertmodells oder auch auf ein Defizit beim Geschäftsmodell hin.

Umstieg ja oder nein?

Wie entscheiden Sie? Möchten Sie die erforderliche Zeit und Energie investieren, auch die Risiken in Kauf nehmen, die mit dem Umstieg auf Pauschal- und Werthonorare verbunden sind? Die Antwort hängt in erster Linie von Ihren persönlichen Zielen ab.

Einem Einzelkämpfer, für den das Ertragsziel im Vordergrund steht und der eine hohe sechsstellige oder gar eine sieben-stellige Summe Ertrag erzielen möchte, bleibt wohl nur die Möglichkeit, den Hebel des Werthonorars zu nutzen. Mit Zeit gegen Geld ist dieses Ziel kaum erreichbar.

Wer hingegen sein Geschäft eher klein halten und sich mehr inhaltlichen Themen widmen möchte, verzichtet möglicherweise bewusst auf den Wechsel zu einem anderen Honorarmodell. Um seine Ziele zu erreichen, reicht es ihm, die Honorare stabil zu halten.

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