Zeit gegen Geld – ein unsinniges Honorarmodell?

Es ist so normal für Berater und Professional Service Firms, dass wir es kaum hinterfragen: unser Honorarmodell.  In vielen Fällen wäre eine andere Vergütung nutzenstiftender für den Kunden und ertragreicher für den Anbieter. Eine Einladung zur Diskussion:

Unfair

Denn eigentlich ist das Honorarmodell ungerecht – sowohl für Berater als auch für unsere Kunden. Diese zahlen für unseren Aufwand, also die Zeit die wir brauchen; nicht aber für den Nutzen den wir stiften. Arbeiten wir also viel für wenig Ergebnis, so geht das zu Lasten des Kunden. Dies kann sich umdrehen: haben wir besondere Fähigkeiten, besonderes Wissen, große Erfahrung sind es manchmal kleine Interventionen, die dem Kunden enorm viel nutzen. Bezahlt wird jedoch auch in diesem Fall unser Aufwand. Alles was wir brauchten, um mit wenig Aufwand ein großes Ergebnis zu erzielen – das wird nicht vergütet.

Verleitet zu Agitation

Außerdem verleitet das Modell Zeit gegen Geld dazu, möglichst viel Aufwand zu produzieren: viele Stunden vor Ort, viele Gespräche und Interviewrunden, viele Strategieworkshops – schließlich wird das bezahlt. Will der Berater also ein fair empfundenes Honorar für sein Ergebnis erhalten, muss er den Aufwand erhöhen. Und verursacht beim Kunden hohe Opportunitätskosten, weil seine Arbeit gleichzeitig die Kapazität der Projektmitarbeiter bindet. Ein oft unbewusster aber fataler Prozess.

Strategisch unklug

Strategisch hat das Modell Zeit gegen Geld weitere Nachteile: Es verhindert Wachstum und macht vergleichbar, was nicht vergleichbar ist. Wachstum verhindert es, weil mehr Umsatz nur durch mehr Zeit und mehr Mitarbeiter realisierbar ist, damit steigt der Gewinn jedoch nur linear und oft langsamer als gedacht. Gleichzeitig steigen Risiken durch schwankende Projektanfragen, Fluktuation bei Mitarbeitern, Einarbeitung etc. Zeit gegen Geld sorgt auch dafür, dass Kunden etwas vergleichen, was nicht vergleichbar ist. Der Wert von Beratung bemisst sich eben nicht in einzelnen Stunden, deren Preis vergleichbar ist.

Was sind die Alternativen?

Pauschalhonorare, also eine pauschale Vergütung mit festgelegten Arbeitspaketen aber nicht zwangsläufig Arbeitsstunden und –tagen. Sie ermöglicht eine Effizienzmaximierung bei hohem Ergebnis für den Kunden. Aus meiner Erfahrung lassen sich um 10-25 % höhere Gewinne durch höhere Effizienz erzielen – ohne Nachteil für den Kunden.

Value Based Honorare erfassen sehr genau den Wert, der beim Kunden erzielt wird. Dieser Wert kann messbar sein, aber auch weiche Kriterien umfassen. Erfasst wird er einem aufwändigen Prozess gemeinsam mit dem Entscheider. So lassen sich deutlich höhere Honorare verwirklichen, die vom Kunden dennoch als fair erlebt werden.

Erfolgsbasierte Honorare haben sich in vielen Feldern als schwierig erwiesen, da viele Ergebnisse eines Projekts eben nicht messbar sind. Außerdem teilt sich der Berater hier das Risiko mit dem Kunden, was zu einer Gewinnaufteilung 50%/50% führen würde, in der Realität kaum abbildbar.

Die höchste Attraktivität übt das Modell „Value Based“ aus.

Welche Anforderungen müssen erfüllt sein, um es sinnvoll in der Praxis anzuwenden?

Ganz oder gar nicht:
Vermischen Sie Zeithonorare und Value Based Honorare, vergleichen Kunden unwillkürlich: „Oh, dafür hätten die ja einen Monat komplett arbeiten müssen!“ Daher gilt es, nach einer Übergangszeit, komplett umzustellen.

Beziehung nötig:
Value Based Verträge schließen Menschen, die Ihnen vertrauen. Der Vertriebsprozess verändert sich also, da Sie viel Zeit in Vertrauensaufbau und Kompetenzbeweis investieren.

Dauerhafte Kommunikation:
Ein Value Based Vertrag erfordert zumindest alle 1-2 Monate Statusupdates mit dem Kaufentscheider und nicht nur mit seinen Projektmitarbeitern, um eventuelle Abweichungen frühzeitig zu besprechen.

Wert will erfasst werden:
Den Wert Ihrer Leistung zu erfassen, erfordert, klare Ziele gemeinsam mit dem Kunden festzulegen. Sie schauen über den Tellerrand Ihrer eigenen Dienstleistung, finden heraus, was der Kunde wirklich bewegen will und leiten ihn an, das genau zu definieren.

Kunden erziehen:
Auch Kunden kennen das Modell kaum. Sie wollen also angeleitet werden, die Vorteile zu sehen und ihre eigenen Automatismen zu überwinden.

Cool bleiben:
Wer nach dem VB-Ansatz arbeitet, muss sich trauen, auch hinter hohen Honoraren für hohe Ergebnisse zu stehen.

Ergebnisse liefern:
Das Modell funktioniert nur, wenn sich herumspricht, dass Sie Ihre Ergebnisse meistens erreichen.

Es ist also ein aufwändiger Weg, das eigene Honorarmodell zu verändern. Er erfordert Mut, Sachverstand und die Änderung vieler liebgewonnener Verhaltensweisen. Er belohnt jedoch sehr: mit höheren Ergebnissen und einer durchweg fairen und befriedigenden Arbeitsweise.

(Zuerst veröffentlicht im Newsletter des BDU)

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